TIMBRE - 42 STARTS, 4 SIEGE UND 11 PLÄTZE BIS INS ALTER VON 10 JAHREN

Erster Canter. Erstes eigenes Pferd. Erster Sieg. All das ist Timbre für mich.

Es begann vor mittlerweile 16 Jahren. Aufgeregt betrete ich im Rennstall die Box des damals 7jährigen, großen dunkelbraunen Hengstes. Ich darf zum erstenmal mit auf die Trainingsbahn, zum ersten Mal auf einem Vollblüter die Sandbahn im Galopp umrunden. Ich bin stolz, das wir ganz vorne sind, am Ende dieser Runde. Und endgültig und unheilbar mit dem Rennsportvirus infiziert. 

Natürlich war Timbre das bravste Pferd im Stall, im Training nie besonders ehrgeizig, im Rennen auch schon lange nicht mehr. Wehwehchen an den Beinen kamen hinzu, so daß sich der Besitzer gerne von ihm trennen wollte. Ein bißchen mehr Geld, als der Schlachter bekommen hätte, reichte aus, um meinen Traum vom eigenen Rennpferd wahr zu machen. Aber auch in meinen Farben lief er nur hinterher. Also bekam er einen ausgedehnten Sommerurlaub auf der Koppel. Erste Tests auf einem Stoppelfeld bewiesen, daß er sich gut erholt hatte. Trotzdem ging unser erster gemeinsamer Start in die Hose, denn der Sattelgurt rutschte und nur mit Mühe blieb ich überhaupt oben. 

In einem Amateurrennen in Köln schlug unsere große Stunde! Meine Schwester führte uns wie immer zum Geläuf. Niemals werde ich vergessen, wie sie zu mir hoch sah und ganz trocken bemerkte, daß Timbre heute zu allem bereit wäre und wir gewinnen würden! Es war das erste, aber nicht letzte Mal, daß sie mir einen Sieg auf dem kurzen Weg zum Aufgalopp voraussagte und immer behielt sie recht.

An diesem Tag war es allerdings eine sehr kühne Behauptung, denn Timbre war ein Außenseiter, der große Favorit kam aus dem Championstall und hatte den erfolgreichsten Amateurrennreiter im Sattel. Doch obwohl der Favorit die gesamte Gerade angriff, stiefelte Timbre Start-Ziel nach Hause. 

Meine Schwester war so stolz auf ihn, daß sie ihn statt der üblichen 30 Minuten fast 2 Stunden trocken führte, um immer wieder gefragt zu werden: "Na, wo war er denn diesmal? Wieder Letzter?“ "Natürlich nicht, heute hat er gewonnen, und das wußte er schon vorher!“ 

Timbre hat dann auch noch meiner Schwester das Reiten auf Vollblütern im Rennstall beigebracht – und leider nie wieder gewonnen. Irgendwann weigerte er sich dann, auf die Trainierbahn zu gehen. Also hat meine Schwester ihm beigebracht, wie man sich als Rennrentner zu benehmen hat, und als solcher ist er das beste Freizeitpferd, was man sich wünschen kann.

Und ab und zu erzählen wir ihm noch einmal, wie das damals war, als er den heißen Favoriten schlug, denn wir haben den Rennkommentar noch im Ohr: Timbre führt, aber jetzt kommt Norton – Norton an der Außenseite, Norton und Timbre, noch 150m und Timbre ist vorne, Norton greift an, Timbre und Norton - Timbre, Timbre gewinnt!